Sciencefiction Filme gehören zu meinem Lieblingsgenre. Vor nicht allzu langer Zeit schaute ich denn auch Elysium, in dem die Welt der Reichen und Armen durch das Weltall getrennt ist. Wer das nötige Geld hat, kann Elysium seine Heimat nennen; eine wunderschöne Raumstation, die alles bietet, um glücklich zu leben.

Und der Rest?!

Der Rest fristet sein Dasein auf der Erde, die zunehmend unbewohnbar und von Versorgungskrisen jeglicher Art heimgesucht wird. Ein guter Sciencefiction Film, aber eben ein Film.

Heute weiß ich: Elysium ist schon heute Realität.

Gerade beendete ich die Reportage von Wolfgang Bauer, der undercover das Mittelmeer mit Hilfe von Schleusern überquert und seine Erlebnisse schildert. Dabei begleitet er Flüchtlinge aus Syrien, die das Elysium - genannt Europa - erreichen wollen.

Über das Meer. Mit Syrern auf der Flucht nach Europa lautet der Titel des Buches, das 2014 erstmals bei Suhrkamp Verlag erschien. Mittlerweile wurde die 7. Auflage gedruckt, weil der Bericht so einmalige Einblicke in die dunkle Welt der Flüchtlingsströme bietet.

Gewiss benötigen wir eine rationale Debatte, um den Umgang mit Flüchtlingen. Die Frage, wie viele Flüchtlinge in Deutschland integrierbar sind, ist sicherlich wichtig und notwendig. Trotzdem empfinde ich viel Respekt für Frau Merkel, die bei den Strömen der Flüchtlinge ohne große Überlegungen, die Grenzen öffnete, während viele europäische Staaten dicht machten und von diffusen Ängsten beherrscht wurden.

Nach der Lektüre der Reportage von Bauer wird mir erstmals bewusst, welche große Bedeutung mein deutscher Pass besitzt. Er ist die Eintrittskarte ins Elysium. Wir leben in einer zutiefst globalisierten Welt; Güter, Unternehmen, Finanzen, Kultur, Kleidung, Trends, alles globalisiert und von uns forciert. Einzig die Bewegung von Menschen wird zunehmend reguliert; Grenzzäune immer höher.

In dieser Welt entscheidet einzig der richtige Pass über Glück und Unglück. Ich stehe auf der richtigen Seite der Grenze. Unverdient. Auch Bauer macht diese Erfahrung. Seine Strapazen das Mittelmeer über Alexandria zu durchqueren, enden in einem ägyptischen Gefängnis. Kein gutes Los und nicht vergleichbar mit deutschen Zellen. Doch nach Preisgabe seiner wahren Identität kann Bauer problemlos ein Ticket nach Deutschland erwerben; während der Rest der Gruppe neue Wege finden muss, um Elysium zu erreichen.

In Sekundenschnelle haben unsere Papiere aus uns andere Menschen gemacht. Von Häftlingen, die wir bis eben waren, verwandeln wir uns in Privilegierte mit Vielflieger-Status. Zu Bewohnern des Elysiums, das Europa heißt.

Die Reportage verdeutlicht, dass die größte Gefahr nicht in der Überquerung des Meeres liegt, sondern schon in den Strapazen, die Flüchtlinge am Land erleiden müssen. Zigmal wird die Gruppe der Flüchtlinge von konkurrierenden Schleuserbanden entführt und nur gegen Lösegeld freigelassen. Das Geschäft der Schleuser bietet hohe Gewinnmargen, die eben auch Betrüger anziehen. Eine Überfahrt nach Europa kostet im Schnitt bis zu 6.000 $. Ankunftsziel unbestimmt; bestenfalls in Europa, oft in einem ägyptischen oder libyschen Gefängnis, schlimmstenfalls am Grund des Mittelmeers.

Kein Wunder, dass überwiegend Männer diese Reise antreten; meisten Männer aus der Mittelschicht der syrischen Gesellschaft. 6.000 $ treibt man nicht eben auf. Alleine die Überfahrt in einem Boot kostet zwischen 2.000 $ und 3.000 $. Doch bevor es überhaupt losgehen kann, müssen sich die Flüchtlinge in Quartieren der Schleuser verstecken, die ebenfalls pro Nacht viel Geld kosten.

Das größte Problem der Flüchtlinge?! Ganz gleich, wo sie sich befinden; überall sind sie nicht willkommen.

No welcome! Go back to your home!

 schreit ein Schwede zwei Syrer an.

Im Elysium will man diese Menschen eben nicht haben. Leider gibt es in der wahren Welt keinen Resetknopf, der Arme und Reiche gleich macht und ein Neustart einleitet. Das ist der einzige Sciencefiction Part im Film Elysium. Dort gibt es diesen Knopf.

Jedem der mehr über die Strapazen der Flüchtlinge erfahren möchte, dem lege ich die Reportage von Wolfgang Bauer sehr ans Herz. Es wirft ein erhellendes Bild auf die Lage dieser Menschen und stellt uns vor die Frage:

In welcher Gesellschaft möchte ich eigentlich leben? Und welche christlichen Werte verteidige ich da eigentlich, wenn ich Flüchtlinge nicht in diesem Land haben möchte?!